Team ICE
Die Erfolgsgeschichte des ICE ist die Erfolgsgeschichte der Bahner:innen, die den Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland seit 30 Jahren ermöglichen. Hier teilen einige von ihnen ihre Geschichte:
Ursula Zibner, Zugchefin: „Er ist auch heute noch mein Lieblingszug“
Keine Zugbegleiterin kennt den ICE 1 länger als Ursula „Ursel“ Zibner. Die Frankfurter Zugchefin war nicht nur bei der Sternfahrt zum damals neuen Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe an Bord. Nach über 30 Jahren im Zugbegleitdienst hat sie auch die ein oder andere Anekdote aus dem ICE-Alltag auf Lager.
„Ich glaube, ich bin die Frau, die im Fernverkehr am längsten im Zugbegleitdienst tätig ist. 1989 habe ich angefangen. Zu der Zeit war das noch ein Männerberuf – vielleicht, weil die Arbeit noch recht handwerklich war. Das hat sich aber zum Glück mit der Einführung der ICE-Züge geändert. Meine Einsatzstelle ist seit jeher Frankfurt am Main. Wir Zugbegleiter sind damals noch Nahverkehr gefahren. Erst wenn man sich dort bewährt hatte, wurde man von den Fahrmeistern dem IC und ICE zugeteilt. Für mich war es deshalb eine Ehre, als ich den ICE 1 zum ersten Mal fahren durfte.
Eine meiner ersten und schönsten Fahrten auf dem ICE 1 war die Sternfahrt am 29. Mai 1991 von Bonn nach Kassel-Wilhelmshöhe zur offiziellen Feier der Inbetriebnahme des ICE-Verkehrs. Mit an Bord war der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Ich weiß noch, dass wir vier Kolleg:innen in der Nacht davor ausnahmsweise in einem Hotel übernachten durften. Normalerweise schliefen wir in bahneigenen Unterkünften. Ich erinnere mich auch noch gut an die Feierlichkeiten und den Presserummel in Kassel. Gleichzeitig wurde dort der neue Bahnhof eingeweiht. Nur hatten sie wohl vergessen WCs zu installieren, weshalb es an dem Tag nur Toilettenwagen vor dem Bahnhof gab.
Die Gäste waren anfangs vor allem neugierig. Fast an jedem Bahnhof warteten Menschen, nur um einen kurzen Blick auf oder in den ICE 1 zu werfen. Auch ich war begeistert von der modernen Ausstattung und Geräumigkeit. Alles war neu, sauber und gepflegt. Keine Plumpsklos mehr wie in den Intercitys. Für die Geschäftsreisenden gab es sogar einen Konferenzraum. Manchmal war ich auch in sogenannten Ideenzügen unterwegs. Neben einer Lounge und Kaffee- und Obststationen für die 1. Klasse gab es für eine kurze Zeit auch mal Geldautomaten und kleine Informationspunkte, wo Gäste Taxis, Hotels oder Mietautos buchen konnten.
Bis heute habe ich keinen Tag bei der Bahn bereut. Ich bin mit Leib und Seele Zugchefin und liebe den Umgang mit den Menschen. Wenn dazu noch liebe Kolleg:innen an Bord sind, macht alles noch viel mehr Spaß.“
Ihre aufregendste Fahrt mit dem ICE 1?
„Mit am aufregendsten war eine Fahrt vor circa zehn Jahren. Ein Kollege aus der Bordgastronomie kam aufgelöst auf mich zu, ich solle schnell in Wagen 14 gehen, er traue sich dort nicht mehr hin. Als ich dort ankam, war ein Herr nur in Unterhose gekleidet und klatschnass. Es stellte sich heraus, dass mein Kollege aus Versehen drei Weizen auf ihn verschüttet hatte. Während der Mann sich etwas trocken machte, bin ich durch den Zug und habe nach einem Gast mit großem Koffer Ausschau gehalten, denn diese haben häufig einen Föhn dabei. Glücklicherweise habe ich schnell einen auftreiben können und dann nach und nach die Kleidung trockengeföhnt. Der Herr war so dankbar, dass er gar keine Schadensmeldung machen wollte. Er wollte nur weitere Getränke – die gingen selbstverständlich aufs Haus.“
Ihr Lieblingsgast im ICE 1?
„Ich habe schon viele Promis an Bord gehabt, unter anderem Boris Becker, Drafi Deutscher, Diana Körner und Uschi Glas mit ihrem Sohn. Als kleiner Bub ist er manchmal auch allein von München nach Frankfurt gefahren und hat bei mir ständig Telefonkarten für die Telefonzellen gekauft. Und Dieter Thomas Heck hat mir einmal väterlich über die Wange gestreichelt und gemeint: Du bist aber eine Liebe.“
Ihre Wünsche an den ICE 1 für die nächsten 10 Jahre?
„Ich würde mir wünschen, dass uns der ICE 1 noch lange erhalten bleibt. Er ist auch heute noch mein Lieblingszug. Er ist schön geräumig, schwankt nicht so sehr wie die anderen Züge und es gibt in jedem Wagen eine Sprechstelle. Der Zug ist mir einfach ans Herz gewachsen.“
Ende des Expander-InhaltesStephan Hanke, Lokführer: „Doppelt so schnell wie das Auto, halb so schnell wie das Flugzeug“
Der chinesische Staats- und Parteichef Jiang Zemin, drei deutsche Bundespräsidenten und seine todkranke Mutter: alle hat Triebfahrzeugführer Stephan Hanke mit dem ICE 1 durch die Gegend gefahren. Hier erzählt er seine persönlichen Geschichten mit dem ICE.

„Als jüngster ICE-Lokführer Deutschlands durfte ich den ICE 1 1993 in NRW begrüßen. Es gab damals zwei große Betriebsstellen in Köln: Deutzerfeld im rechtsrheinischen Stadtteil Deutz und den Betriebsbahnhof in der Neustadt. Deutzerfeld hatte schon die Baureihe 120, also bekamen wir als Gegenstück die Baureihe 401. Das war schon eine große Ehre. Der ICE 1 fuhr dann als Spree-Kurier und als Alster-Kurier ab Köln.
Die Bundesbahn gab 18 Millionen D-Mark für die ICE-Werbemaßnahmen aus – mehr als für jede andere Kampagne zuvor. Die Slogans kann ich heute noch auswendig: „Doppelt so schnell wie das Auto, halb so schnell wie das Flugzeug“ oder „Vor 156 Jahren galt Bahnfahren als aufregend. Jetzt ist es wieder soweit.“
Der ICE 1 sorgte für Aufbruchsstimmung. Er läutete ein neues Zeitalter der Eisenbahn ein. Mich hat vor allem die Technik fasziniert: der Drehstromantrieb, die automatische Fahr- und Bremssteuerung oder die Datenübertragung per Lichtwellenleiter. Das war etwas noch nie Dagewesenes, etwas Sensationelles.
Als Lokführer hat man gespürt: Das ist Qualität. Der ICE 1 war ein Meisterstück deutscher Ingenieurskunst und ein Aushängeschild für die Wirtschaft. An der Herstellung waren ja auch viele renommierte Firmen wie AEG, Siemens, Krauss-Maffei oder Krupp beteiligt. Jeder war stolz auf den ersten ICE, den Wegweiser des Hochgeschwindigkeitsverkehrs.
Das war auch auf der Schiene so. Der ICE hatte immer Vorfahrt. Heute muss ich auch mal den Rhein-Ruhr-Express vorbeilassen. Das fuchst mich schon.
Ich komme aus einer traditionellen Eisenbahner-Familie: Mein Großvater war Schrankenwärter, mein Vater Lokführer, mein Bruder Rangierer sowie Ausbilder und meine Schwester hat in der Pressestelle gearbeitet. Für mich gab es nie etwas anderes als die Bahn. Schon als Kind wollte ich Lokführer werden.
Jetzt bin ich schon 37 Jahre dabei. Und viele Jahre davon hat der ICE mein Arbeitsleben geprägt.“
Ihre aufregendste Fahrt mit dem ICE 1?
„Ich durfte viele Sonderfahrten übernehmen und insgesamt drei Bundespräsidenten im ICE begrüßen: Roman Herzog, Johannes Rau und Horst Köhler. Den mit Abstand aufregendsten Einsatz hatte ich jedoch im Sommer 1995, als der Staats- und Parteichef der Volksrepublik China Jiang Zemin zu Gast in Deutschland war. Auf dem Programm stand eine Testfahrt von Ludwigsburg nach Bonn-Rolandseck. Der Staatsgast wurde von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, DB-Personenverkehrsvorstand Klaus Daubertshäuser und Vorstandsmitgliedern von Siemens und AEG hofiert. Man spekulierte damals auf große Geschäfte und wollte den ICE für die Strecke zwischen Peking nach Shanghai anpreisen. Die Herren dinierten im Salonwagen, der im Vorfeld ausgeräumt und mit Panzerglas versehen wurde. Wir waren mit Sicherheitsstufe unterwegs. Während der Zugfahrt war die GSG 9 mit zwei Motorrädern an Bord. Über uns kreisten ständig die Hubschrauber und entlang der ganzen Strecke wurde die Polizei positioniert. Dass ich so etwas mal erlebe, hätte ich auch nicht gedacht.“
Ihr Lieblingsgast im ICE 1?
„Als der ICE-Bahnhof Bochum 1995 eröffnet wurde, durfte ich eine Pendelfahrt zum Bahnhofsfest übernehmen. Mit an Bord war meine todkranke Mutter. Ich glaube sie war an diesem Tag sehr stolz auf mich – und ich auf sie.“
Ihre Wünsche an den ICE 1 für die nächsten 10 Jahre?
„Ich wünsche dem ICE 1, dass er weiterhin zuverlässig, störungsfrei und unfallfrei fährt. Und das wird er auch, wenn man ihn hegt und pflegt. Und vielleicht bleibt er uns ja sogar noch länger erhalten, wer weiß das schon.“

30 Jahre ICE - 30 Jahre Geschichte(n)
Zum Geburtstag des ICE haben wir mit seinen menschlichen Wegbeleiter:innen gesprochen. Denn 30 Jahre ICE sind 30 Jahre Geschichte(n).
Hören Sie rein: Podcast „Mensch und Maschine“